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1. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 17

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 76. Der Schwedische Krieg 1630—1635. 17 lichen Herrn zu stände zu bringen. Durch solches Verhalten erweckte er Verdacht, der sich beim Kaiser zu der Ansicht steigerte, daß der ehrsüchtige Feldherr Gedanken des Verrats habe, und darin wurde man durch die Vorkommnisse aus einem von General Jllow im Januar 1634 in Pilsen veranstalteten Bankett bestärkt, wo sich Wallenstein in einem von seinen Offizieren unterzeichneten Revers die Versicherung unwandelbarer Treue geben ließ. Angesichts aller Umstände, welche Wallensteins Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit zweifelhaft erscheinen ließen, entschloß sich der Kaiser, den Feldherrn abzusetzen und über ihn als einen Hochverräter die Acht auszusprechen. Im Februar erfolgte die Veröffentlichung des Dekretes. Weitaus der größte Teil der Armee fiel ab; nur wenige verharrten auch jetzt noch auf Wallenfteins Seite. Mit diesen zog er von Pilsen nach Eg er, wo er offen zu den Schweden übergehen wollte. Aber hier ereilte ihn das Verhängnis. Auf Anstiften des Obersten Butler drangen in Ermordung der Nacht des 25. Februar d. I. 1634 gedungene Mörder in Wallen- lfi34- fteins Schlafgemach und stießen ihm mit den Worten „Schelm und Verräter" die Hellebarde in die Brust. Die Güter des Feldherrn wurden eingezogen und zumeist an die dem Kaiser treugebliebenen Offiziere, auch an die Mörder, verschenkt. 11. Nach Wallensteins Tod erhielt des Kaisers Sohn Fer-M,?bei^Rörd-din and, dem Gras Gallas zur Seite stand, den Oberbefehl. Nun ttngen t634. wandte sich das Kriegsglück den Katholiken zu. Das kaiserliche Heer eroberte Regeusburg zurück, drang donananfwärts vor und brachte im Verein mit den bayerischen Truppen, die von Joh. v. Werth geführt wurden, den Protestanten bei Nördlingen eine entschiedene Niederlage bei. (September 1634.) Ihr Heer wurde zersprengt. General Horn geriet in Gefangenschaft und Bernhard von Weimar rettete sich durch die Flucht nach dem Rheine. Noch in demselben Jahre brachten die Kaiserlichen Franken, Schwaben, Württemberg und Baden in ihre Gewalt. Das Heilbronner Bündnis löste sich auf und die Schweden zogen sich bis an die Ostsee zurück. Im Frühjahr 1635 trennte sich der Kurfürst Joh. Georg v. Sachsen von den protestantischen Kampfgenoffen und trat in Unterhandlungen mit dem Kaiser. Dieselben gelangten in dem Prager Separatfrieden zum Prager Separat- Abschlnß. Der Kurfürst erhielt die Lausitz und die Bestätigung des nuben lb35' Augsburger Religionsfriedens für sein Land und zwar ohne den geistlichen Vorbehalt, so daß er im unbestrittenen Besitz der eingezogenen geistlichen Güter (der Stifte Merseburg, Naumburg) verbleiben konnte. Indes sollte die damals ausgesprochene Aufhebung des Restitutionsedikts nur für 40 Jahre gelten. Bald traten Brandenburg und die meisten protestantischen Stände dem Frieden bei; nur Hessen-Kassel, Württemberg und Baden bewahrten Schweden die Bnndes- Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 2

2. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 18

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
Einmischung Frankreichs. Charakter des Krieges: nicht mehr^, Religion^ krieg. 18 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. treue und daher behielt der Friebe den Charakter eiues Souber-friebeus. § 77. Der Schwedisch-französische Krieg 1636—1648. 1. Die sowohl vou dem Kaiser als auch vou anbereu Fürsteu au den Prager Separatfrieden geknüpfte Hoffnung, er werbe die Einleitung zu einem allgemeinen Friebensznstanb bilben, ging nicht in Erfüllung. Vielmehr entbrannte bald darauf der Kampf mit neuer Heftigkeit; er zog sich sogar noch 12 lange Jahre hin und nahm bet der immer größer werbenben Versilberung der Truppen eine so grauenhafte Gestalt an, daß die letzte Periobe des 30 jährigen Krieges zu den trübsten und unheilvollsten Zeiten gehört, welche das beutfche Volk zu erleben hatte. Die Verantwortung, die Kriegsflamme von neuem angefacht und fortwährenb genährt zu haben, hat Frankreich zu tragen, befseit leitender Minister Richelieu danach strebte, die Macht Habsbnrgs zu schwachen und Frankreichs Grenzen bis an den Rhein auszudehnen. Frankreich ermunterte Schweden zur Fortsetzung der Feindseligkeiten, ermöglichte dem hochstrebenben Bern har b von Weimar durch finanzielle Unterstützung die Werbung neuer Truppen und brachte selbst ein Heer auf, das unter Zuxeinte und Goitbe in Deutschland einfiel und namentlich im Süden große Verheerungen anrichtete. Durch die Beteiligung Frankreichs erhielt der Krieg ein anderes Gepräge. Bisher hatte es sich um den Gegensatz zwischen Katholizismus und Protestantismus gehandelt; dem unversöhnlichen Haß beiber Religionsparteien waren die ersten blutigen Scenen in Böhmen entsprungen und die ernste Gesährbung des Protestantismus durch das Restitutionsedikt war einer der Grünbe gewesen, welche Gustav Aböls zur Einmischung bestimmt hatten. Jetzt aber trat das religiöse Moment in den Hintergrund. Keine der fremden Möchte dachte mehr an Verteidigung kirchlicher Interessen; jeder war es nur um Eroberung zu tun. Der Krieg artete aus zu einem Kampf Fremder gegen Fremde; denn außer Schweden und Franzofen tauchten Wallonen, Kroaten, Ungarn, Spanier zc. als Streitende auf. Das unglückliche Deutschland bot nur den blutgetränkten Schauplatz dar, auf welchem die Leidenschaften und Roheiten der verwilderten Massen zur Entfaltung kanten. Die geworbene Soldateska sah es als ihre Hauptaufgabe an, die Vorräte der Bürger und Bauern zu verbrauchen, das Land gänzlich auszusaugen und dem nachziehenden Gegner alle Hilfsquellen zu entziehen. So ward Deutfchland mit seinen einst blühenden Gefilden und volkreichen, wohlhabenden Städten und Dörfern

3. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 20

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
20 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. 1646—1648 namentlich dem bayerischen Lande durch furchtbare Verheerungen tiefe Wunden. Der fchwedifche General Königsmark sollte die kaiserlichen Erbstaaten erobern. Er drang ins Herz von Böhmen vor und machte 1648 einen Angriff auf Prag. Schon hatte er die sog. Kleinfeite der Stadt weggenommen, da verkündeten Trompeten unter dem Geläute der Glocken dem Lande die längst ersehnte Botschaft von dem allgemeinen Frieden (Oktober 1648). Grollend zogen die Schweden von Prag ab. Sie schleppten aber reiche Beute mit heim und darunter befand sich die Handschrift von Ulfilas' gotischer Bibelübersetzung, der berühmte Codex argenteus (jetzt in der Universitätsbibliothek von Upsala). Paul Gerhardt saug: „Gott Lob, nun ist erschollen Das edle Fried- und Freudewort, Daß nunmehr ruhen sollen Die Spieß' und Schwerter und ihr Mord." § 78. Der Westfälische Friede 1648. Verhandlungen 1. Schon auf dem Regensburger Reichstag vorn Jahre 1640 zu Osnabrück und ^ ™ r , i ^ ' ns.. . Münster, kam der Wunsch nach Beendigung des Krieges zum Ausdruck. Allein die hieraus bezüglichen Beratungen verliefen resultatlos und der Kampf tobte weiter. Ernstlicher wurden die Friedensverhandlungen von 1645 an in Angriff genommen und zwar zu Osnabrück zwischen dem Kaiser und den Schweden, die zugleich die protestantischen Stände ver- traten, und in Münster zwischen dem Kaiser und den Franzosen. Aber auch jetzt noch fehlte es den beteiligten Parteien an dem rechten Eiser. Unbedeutende Vor- und Formfragen und die Selbstsucht der auswärtigen Mächte, die mit möglichst reicher Beute den deutschen Kriegsschauplatz verlassen wollten, bewirkten eine derartige Verzögerung der Verhandlungen, daß der endgültige Abschluß des Friedens erst am 24. Oktober 1648 erfolgte. Die Friedensbestimmungen zerfallen in 3 Gruppen: 1) in solche, welche sich auf territoriale Verhältnisse, 2) in solche, welche sich auf religiös-kirchliche Verhältnisse und 3) in solche, welche sich auf verfassungsrechtliche Zustände beziehen. Territoriale Be- 2. I. Xemtormte Bestimmungen. stimmungen. a. Frankreich erhielt: das österreichische Elsaß, den Sundgau, die Festung Breisach, das Besatzungsrecht in Philippsburg, die Bestätigung des Besitzes der Städte und Bistümer Metz, Tonl und

4. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 23

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 79. Die Fürsten und der Adel. 23 bringen. — Daß aber gerade die selbständige Stellung der Fürsten wiederum von heilsamen Folgen begleitet war und eine Voraussetzung zur Wiedererweckung des nationalen Sinnes wurde, das werden wir in der nächsten Periode sehen. B. Kulturgeschichtliches aus dem Zeitalter der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges. § 79. Die Fürsten und der Adel. 1. Viele Fürsten wurden im 16. Jahrhundert von der resormatorischen Bewegung mächtig ergriffen (Sachsen, Hessen, Württemberg, Brandenburg ac.). Angeregt durch den Zug der Zeit, befaßten sie sich dann eingehend mit religiösen Fragen und eigneten sich zuweileu eine so umfassende kirchliche Gelehrsamkeit an, wie solche sonst nur bei den Theologen anzutreffen war. Der in ganz Deutschland entbrannte Geisteskampf gab vielfach dem Sinn eine ernste Richtung und veranlaßte gar manche Landesherren, sich mehr und angelegentlicher, als bisher, um Wohl und Wehe der Untertanen zu kümmern. Die meisten zur Reformation übergetretenen Fürsten, aber auch katholische, sorgten für Verbesserung des Gottesdienstes, für gründlichere Unterweisung der Jugend, für Vermehrung der Schulen und erwarben sich somit Verdienste um die Bildung und Gesittung des Volkes. Es gab freilich auch solche, welche sich durch die religiöse Bewegung in ihrem heiteren Lebensgenuß nicht stören ließen und die in gewissenloser Weise die aus der Einziehung geistlicher Güter erhaltenen Summen zur Füllung der eigenen Kassen und zur Deckung der Ausgaben benützten, welche ihnen ans der Veranstaltung prunkvoller Feste und üppiger Schmausereien erwuchsen. — Allmählich wurde es üblich, Bücher- und Kunstsammlungen anzulegen (Rudolf Ii.). Verschiedene Fürsten kauften Gemälde Albrecht Dürers, Holzschnitte, Kupferstiche, alte Münzen, Waffen, Arbeiten der Goldschmiede von Nürnberg (Herzog Albrecht V. von Bayern legte den Grund zu einer Gemäldegalerie, begründete die Münchener Staatsbibliothek und errichtete ein Gymnasium). — Das Familienleben war in den besseren fürstlichen Häusern ein inniges und verlies nach deutscher Art in einfacher Weise. Die Fürstin war noch in Wahrheit die Hausfrau ihres Hofes, beaufsichtigte die Küche und erschien manch- Die Fürsten im Reformationszeitalter.

5. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 24

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
24 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. mal, wie Gustav Freytag berichtet, mit ihrem Spinnrädlein in der Arbeitsstube des Fürsten. Als beliebteste Unterhaltung galt die Aus- übung des Weidwerks. So war es im 16. Jahrhundert. toäbififbbeh 2- Der große Krieg änderte vieles. Manche Fürsten (so Kri^ und nach Friedrich V., Maximilian I. von Bayern, die Herzoge von Mecklenburg) verließen vor dem anstürmenden Feind ihre Residenzen und Länder; sie irrten dann auf längere Zeit im Lande umher, gerieten dabei in große Not und trafen endlich, wenn sie zurückkehrten, zerstörte Schlösser, ein verwüstetes Land, ein verarmtes und ihnen entfremdetes Volk an. Unter solchen Umständen sank der in der landesväterlichen Fürsorge seine Befriedigung suchende fürstliche Siuu und es erwachten bei allem Elend die Ländergier und ein herrschsüchtiger Geist, welcher im allgemeinen die Wunden unbeachtet ließ, die der rauhe Krieg geschlagen. Der Adel im 3. Der Adel besaß am Ansang des 16. Jahrhunderts noch viel 16. Jahrhundert. , n, - < , r , ,,, > . f , ’ _ ' ^ Macht und Ansehen und spielte eine maßgebende Rolle. Er benutzte sein Übergewicht aber in mißbräuchlicher Weise und rief dadurch die stürmischen Bauernbewegungen hervor, die schon Ende des 15. Jahrhunderts begannen und in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zu großen Verheerungen in Süd- und Mitteldeutschland führten. Im Laufe des Reformationszeitalters verlor er jedoch sehr an Bedeutung. Ursachen davon waren: das Umsichgreifen der Feuerwaffen und das Aufkommen der Söldnerheere, welche dem Landesherrn die Kriegsdienste des Adels völlig entbehrlich machten. Der adelige Gutsherr blieb aus seiner Burg, verwaltete feine Güter, besuchte die Landtage und beteiligte sich, wenn er geladen war, an einem Hosseste. Die jüngeren Söhne traten zum Teil als Haupt leute oder Oberste au die Spitze von Söldnerscharen, zum Teil studierten sie Rechtswissenschaft und suchten dann „an den Höfen der Fürsten, an den Reichsgerichten, bei fremden Gesandtschaften Ehren und einträgliche Ämter". Verfall des Adels Der große Krieg beschleunigte den Verfall des Adels. Seine im u. Jahrh. Burgen sanken in Trümmer, seine Felder verödeten, seine Bauern verarmten und der Edelmann, der als Offizier wilder Horden im Lande umherzog, nahm alle Roheiten seiner Zeit an und verlor auch den letzten Rest edler Gesinnung. Nach dem Kriege drängten sich die Edellente an die Höfe der Fürsten, haschten nach Ehren, Titeln und Ämtern und suchten die innere Hohlheit durch äußeren Glanz und „Hochmut gegen Geringe" zu verdecken. Viele, denen die Mittel es gestatteten, besuchten Paris und Versailles, diese „hohe Schule der Entsittlichung für deu französischen Adel", und verpflanzten dann französische Mode, Sitte, Sprache und einen lockeren, das Volkstum vergiftenden Geist in das deutsche Land.

6. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 25

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 80. Wirtschaftliche Zustände der Periode. 25 § 80. Wirtschaftliche Zustände der Periode. 1. Am Anfang des 16. Jahrhunderts seufzte der Bauer unterd-rbleischwerem Drucke. Um feine Lage zu verbessern, empörte er sich gegen») vor dem Krieg, feine adeligen Herren: es entstand der Bauernkrieg, welcher die Verheerung eines großen Teils von Süd- und Mitteldeutschland zur Folge hatte (I., § 63). Die Empörer wurden unterdrückt und zunächst hatten sie noch Schwereres zu ertragen, als vorher. Dann aber trat eine Erstarkung des Bauernstandes ein. Fürsten und Adelige erkannten feine Bedeutung als Nährstand, suchten ihn in ihrem eigenen Jntereffe zu schonen, zu kräftigen und in ihm die Arbeitslust zu erhalten, eo kam es, daß sich der Bauer anfangs des 17. Jahrhunderts eines gewissen Wohlstandes erfreute. Er besaß einen hübfchen Hausrat und hatte reichliches Vieh im Stalle und auf der Weide. Da kam der unheilvolle Krieg und vernichtete in einigen Jahr- b) nachdem zehnten die ganze Blüte der Landwirtschaft. Schwert, Hunger und verheerende Senchen wüteten derart, daß die Bevölkerung Deutschlands um mehr als die Hälfte abnahm, in manchen Landschaften sogar auf ein Drittel, ja auf ein Sechstel des früheren Bestandes herabfank. Württemberg hatte 1634 noch 313000 Einwohner, 1645 nur 65 000; für Böhmen hat man einen Rückgang von 3 Mill. auf 780 000 berechnet, in der Pfalz von 500 000 auf kaum 50 000. Die fortwährenden Truppendurchzüge, die Zerstörungswut und Plündernngs-fncht der entarteten Heere entwerteten oder vernichteten den immobilen Besitz. Das Fruchtland verschwand und an die Stelle blühender Felder und Wiesen trat oft die mit Gestrüpp bewachsene Heide, auf welcher zuweilen die Wölfe in ganzen Rudeln umherzogen. Taufende von Dörfern und kleinen Städten wurden in einen Trümmerhaufen verwandelt und, was an Hänfern übrig blieb, war fo fchadhaft und wertlos, daß niemand fchon wegen der darauf ruhenden Abgaben folche Wohnungen annehmen wollte. Ein empfindlicher Schlag für den Bauern war auch der Ruin feines Vieh st and es. — Nach dem Friedensschluß fehlte es allenthalben an Arbeitskräften, Vieh, an landwirtschaftlichen Geräten, an Ställen und Scheunen, kurz an allem, was zum Betrieb der Wirtschaft erforderlich war. Jnfolgedeffen blieb in einzelnen Gegenden noch ein ganzes Menschenaller hindurch eiu Drittel des Bodens unbebaut. Und trotz der geringen Bodenerträgnisse hatten die Produkte einen außerordentlich tiefen Preis (der Scheffel Weizen im Jahre 1627 noch 27 Groschen, 1657 nur 8). 2. Auch den Städten war der Verlauf des 16. Jahrhunderts Ter Bürger und günstig. Rege Gewerbe- und Handelstätigkeit führten zu behaglicher a)£tfrof£ieg.

7. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 26

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
26 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. Wohlhabenheit und die große kirchlich-religiöse Bewegung der Zeit erhöhte das Selbstgefühl der Bürger und deren Liebe zu Freiheit und Unabhängigkeit. Vermehrter Besitz und bessere Bildung machten stolz und lebensfroh, verleiteten aber auch zur Entfaltung übermäßiger Pracht, Verschwendung in Kleidung und zu sinnlichem Genuß. Diesem bedenklichen Hange suchten dann die Luxusgesetze zu steuern, welche von Landesherren oder von den Magistraten erlassen wurden, und z. B. vorschrieben, wie viel Gäste zu Tauseu, Hochzeiten und Leichen-schmausen geladen, wieviel Ellen Tuch für männliche und weibliche b) nachgdem Kleidung verwendet werden durften. — Der große Krieg jedoch warf die Städte in ihrer Entwicklung um Jahrhunderte zurück. Viele von den kleinen städtischen Gemeinwesen wurden so zerstört, daß sich bei der allgemeinen Armut der Bevölkerung, dem Mangel an Tatkraft und Unternehmungsgeist nur schwer neue Ansiedler fanden, welche den Wiederaufbau begannen. Die größeren, wohlbefestigten Städte hatten unter beständigen Belagerungen zu leiden und wurden zudem durch Plünderungen und hohe Kriegskontributionen erschöpft. Die Kraft der Bürger war gebrochen, der meist aufstrebende, lebensfrohe Geist mutiger Selbständigkeit geschwunden und daher war das Bürgertum unfähig, eine neue Periode der Entwicklung einzuleiten. Dieser Verfall offenbarte sich schort in der äußeren Erscheinung der Städte. Noch am Ende des 16. und in der ersten Zeit des 17. Jahrhunderts entstanden herrliche Rathäuser im edlen Renaissancestil, sowie eine Anzahl prächtiger Privathäuser, welche beredtes Zeugnis vom Reichtum der Bürgerschaft und dem in ihr herrschenden Geschmack ablegten (Rathaus zu Rothenburg o. Tbr. 1573, Nürnberger Rathaus 1621, der Ottheinrichsban am Schlosse zu Heidelberg 1559, das sog. Peller-haus in Nürnberg 1606). Was später an öffentlichen Gebäuden aufgeführt wurde, war im Vergleich zu früheren Werken nüchtern, kahl, ärmlich. Das Wiederaufblühen der Städte knüpfte sich zumeist an die Fürsten. Bis ins 19. Jahrhundert hinein zeigten mit wenigen Ausnahmen nur die Residenzen das Ansehen, den Glanz und die Blüte echter Städte. Die Fürsten taten viel zur Verschönerung, errichteten Anlagen und schufen prunkvolle Schlöfser, jedoch nicht mehr im edlen Geschmack des Reformationszeitalters, sondern in dem mit Pracht überladenen Zopfstil, der von Italien und Frankreich nach Deutschland verpflanzt wurde. Der Handel: 3. Der deutsche Handel erlitt schon im 16. Jahrhundert einen s,) vor dem Krieg. ~ , r. , r~ s < rrs- nv- ,r. , , \ , empfindlichen Schlag. Die Aufsindung des Seeweges nach Ostindien und die Entdeckung Amerikas lenkten den Weltverkehr in andere Bahnen und verschafften den an der Küste des Atlantischen Ozeans gelegenen Staaten: Portugal, Spanien, Frankreich, England, Holland ein Übergewicht vor Deutschland und Italien, welche Staaten bisher im Aus-

8. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 29

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 81. Geistiges und sittliches Leben. 29 Wohl wurde den Künstlern noch nicht die ihnen gebührende Wertschätzung entgegengebracht; denn nur selten erhob man sie über den Kreis der Handwerker. Es fehlte eben den Fürsten und Bürgern das Verständnis zur Würdigung ihrer Schöpfungen. Nichtsdestoweniger aber rang sich der Genius eines Albrecht Dürer in Nürnberg (f 1528), eines Hans Holbein des Jüngeren aus Augsburg (j 1543 in London) zu bewundernswerten Leistungen empor. Sie, wie auch Lukas Kran ach aus Kronach in Franken (f 1553), der Freund Luthers, gewannen durch ihre Kupferstiche und Holzschnitte Einfluß auf den Gefchmack der Menge. — Als Erzgießer ragt Peter Bischer (f 1529), als Bildschnitzer Veit Stoß (f 1533) hervor, beide in Nürnberg. — Charakteristisch für die Baukuust jener Zeit war der vom Geist der Antike belebte Kunststil (Renaissancestil), der sich am Ausgauge des 15. Jahrhunderts in Italien entwickelte. (Rothen-burger Rathaus 1573, Nürnberger Rathaus 1621, Ottheinrichsban des Heidelberger Schlosses 1559, Pellerhaus in Nürnberg 1606). 3. Der fruchtbarste und bedeutendste Dichter des 16. Jahr- ®ic|J3eunb Hunderts war der Nürnberger Schuster und Meistersänger Hans Sachs (1494—1576), der in zahlreichen Dichtungen (Liedern, Schwänken, Fastnachtsspielen 2c.) eine fcharfe Beobachtungsgabe, heitere Laune, ergötzlichen Humor und sittlichen Ernst offenbarte. Ein anderer nennenswerter Dichter jener Zeit war Jo H. Fischart aus Mainz (geb. um 1550), der, wie auch Sebastian Br ant ans Straßburg (f 1521), die Gebrechen und Fehler seiner Zeit mit beißendem Witze geißelte. — Für die Entwicklung der deutschen Sprache erlangte Martin Luther eine epochemachende Bedeutung durch die Übersetzung der Bibel (Neues Testament 1522, die volle Bibel 1534), die er mit peinlicher Sorgfalt und unter Berücksichtigung der Anschauungsund Ausdrucksweise des Volkes vornahm. Im Hinblick auf die weite Verbreitung, welche die Bibel im deutschen Volke gefunden hat, kann Luther gleichsam als Begründer der neuhochdeutschen Sprache angesehen werden. 4. Das 16. Jahrhundert zeigt, wie wir gesehen, in Wissenschaft Verkümmerung und Kunst treibende Kraft und Lebensfülle, einen schöpferischen Geist. _bsjben?mn Wie erbärmlich sah es dagegen 100 Jahre später aus bei dem 17' '$ai^Unbert schlecht, „das aus deu Wirren und Wehen des Dreißigjährigen Krieges" hervorgegangen! Die Universitäten waren verödet (Heidelberg hatte 1626 noch zwei Studenten). Unter den Professoren herrschte große Unwissenheit oder eine trockene, geist- und gedankenlose Schul-gelehrsamkeit, unter den Studenten eine entsetzliche Roheit der Sitten. Viele Gymnasien waren eingegangen; die Kriegsstürme hatten Lehrer und Schüler vertrieben. Den Fürsten und Bürgern war der Sinn für wissenschaftliche Bestrebungen entschwunden. Der berühmte

9. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 31

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 81. Geistiges und sittliches Leben. 31 worden, daß Praedicat invictissimi (lateinisch) nicht ihm, sondern Ew. Majestät gebührt" (Ans Dr. Müller, Geschichte des deutschen Volkes, entnommen.) 6. In gleicher Weise trat vorzugsweise durch französischen Ein- Sermeiidwnj in flnß eine Verwelschnug in Tracht und Sitte ein. Studenten und "rad't und '-ltte' Bürger zeigten Vorliebe für Schlapphüte, Perücken, geschlitzte und gepuffte Kleider. Bei den Frauen verschwand die kleidsame, züchtige Tracht des 16. Jahrhunderts; geschmacklose Reifröcke, gesundheitswidrige Schuiirleiber tauchten auf und verschafften sich allgemeine Geltung. Und wie das Äußere sich änderte, so wandelte sich der Sinn. Zuchtlosigkeit, lockere Sitten nahmen in erschreckender Weise überhand und verderbten das deutsche Wesen beinahe bis auf deu Kern. Der Satiriker Logau (t 1655) spottete: „Alamode Kleider, alamode Sinnen: Wie fichs wandelt außen, wandelt fichs auch innen." Und an einer anderen Stelle ruft er die Mahnung aus: „Diener tragen insgemein ihrer Herrn Liverei: Soll's denn sein, daß Frankreich Herr, Deutschland aber Diener sei? Freies Deutschland, schäm' dich doch dieser schnöden Kriecherei." 7. Eine der schlimmsten Früchte des 30 jährigen Krieges war die Religiöse Be» Verarmnng und Verwahrlosung, die im religiösen Denken und tmn'9en-Leben der Nation eintrat. Das von den Schrecknissen des Krieges heimgesuchte Volk wurde vielfach irre an Gott, verfiel dem Unglauben oder einem rohen Zauber- und Dämonen glauben. Weit verbreitet war der Wahn, man könne sich durch irgendwelche Mittel (Talisman, Amulett) kugelfest, d. h. unverwundbar machen, man könne mit dem Teufel ein Bündnis schließen und mit seiner Hilfe in den Besitz überirdischer Kräfte gelangen, welche befähigten, treffende Kugeln zu gießen, verborgene Schütze zu heben, wichtige Geheimnisse zu ergründen und die Zukunft zu entschleiern. Die Hexen-Prozesse, welche Ende des 15. Jahrhunderts eingeführt wurden, nahmen an Zahl zu und mit ihnen die Anwendung der Folter, welche durch die ausgesuchtesten Martern das Geständnis der unglücklichen Opfer zu erpressen suchte. 8. Blicken wir aus das Gesamtbild zurück, welches unser Volk in der Mitte des 17. Jahrhunderts in materieller, geistiger und sittlicher Beziehung darbot, so drängt sich uns die Erkenntnis auf, daß der große Krieg, der schrecklichste aller Kriege, die deutsche Nation in

10. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 32

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
Allgemeines. 32 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. ihrer kulturellen Entwicklung um mehr als ein Jahrhundert zurückschleuderte und daß es ihr bei dem Vorsprung, den unterdessen die nördlichen und westlichen Nachbarstaaten gewonnen, in dem nun beginnenden geistigen Wettkampf nur mit der größten Mühe gelingen konnte, sich die Stellung zu erobern, die sie vor Ausbruch des Krieges hatte. Viii. Uom Wewueil Frieden bis jmmisifdjm gmiliitimi 1648-1789. A. Das Zeitalter Laöwigs Xiv, 1648—1740. izeit des Absolutismus und der Kabinettskriege.) § 82. Ludwig Xiv. 1643—1715. Leopold I. 1658—1705, 1. Der Verlauf des Dreißigjährigen Krieges und der Westfälische Friede hatten einen Umschwung in der Bedeutung und Stellung der Staaten herbeigeführt. Die Habsburgischen Monarchien (Österreich-Spanien), welche seit den Tagen Karls V. die machtvollsten waren, sanken von ihrer stolzen Höhe herab, und Frankreich bekam das Übergewicht in Europa. Die einflußreichste Person des Kontinents in der folgenden Periode war der französische König Ludwig Xiv. Er gab den Anstoß zu den meisten Kriegen, führte eine erhebliche Veränderung in den Territorialverhältnissen vieler Staaten herbei und übte auch auf das geistige und sittliche Leben seiner und der nachfolgenden Zeit, auf Denkart, Sitte, Literatur, Kunst 2c., namentlich in Frankreich und Deutschland, einen so maßgebenden Einfluß, daß man das ganze Zeitalter vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen nach ihm benennt. 2. Ludwig Xiv. (Sohn Ludwigs Xiii., Enkel Heinrichs Iv.) war beim Tode seines Vaters (1643) noch ein Kind. Seine Mutter Anna führte für den minderjährigen König die Regentschaft. Das geschah jedoch nur dem Namen nach. In Wirklichkeit war ihr Minister, der Kardinal Mazarin (Nachfolger Richeliens), der Lenker des französischen Staatswesens. Dieser hatte auch den weitgehendsten Ein-
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